Jeder Flug hat eine Geschichte und die Geschichte zum letzten Flug vom 22. April 2023 liegt weit, weit zurück – nämlich von der Jahreszeit her ziemlich zeitgleich am 24. April 2006: Ich
wollte früher immer schon mit einem Segelflugzeug von den Bergen ins Flache fliegen und damals am 24. April ist mir das das erste mal gelungen. Ich konnte mit einem Duo Discus T Linz
umrunden und war damals sehr sehr glücklich über diesen – für mich besonderen – Flug. Schon lange dachte ich daran, mit einem Gleitschirm zumindest die Donau zu überqueren und im
Idealfall auch noch den Flug richtig Linz – und weiter – zu verlängern. Es braucht dazu eine spezielle Wetterlage mit ausreichend Labilität im Flachen, einen Plan und eine Menge Glück im
Flachland. Ich wollte diesen Flug vom Schöckl starten, die Idee südlich der Steiermark abzufliegen und am Ende in Niederösterreich die Donau zu queren fand ich sehr reizvoll. Persönlich bin
ich ja Graz und Pöchlarn/Nähe Amstetten jeweils durch meine früheren Ausbildungen verbunden.
Hier findest du den Flug von damals: https://www.weglide.org/flight/248949
Ganz so einfach ist es aber nicht:
Mit einem Gleitschirm von den hohen Bergen ins Flache zu gelangen und dort auch den Anschluß zu finden ist sehr sehr schwer. Ich bewundere immer die Flüge rund um den Chiemsee, final zeigte mir
Besuch in Steyr zwei Wochen vorher die schönsten Cumulus über dem Flachland – das müsste doch funktionieren?
Jeder Tag beginnt mit einer guten Tat:
Meine Heimatgemeinde hat für alle Bürger 2x ein übertragbares Klimaaticket der Steiermark gekauft – jeder darf sich das Ticket ausleihen und so habe ich mir diese Karte am Freitag vom
Gemeindeamt geholt. Der Blick in den Fahrplan zeigte: Abfahrt 06:19 in Stainach mit Zug + 2x mit Bus und ich bin um 09:06 an der Talstation Schöckl :-). Anreise nur zum Bahnhof – der
Rest für mich kostenlos.
Zusatznutzen: Im Zug hatte ich noch ausreichend Zeit, den Kurs inkl. Lufträume zu vertiefen, ich bin ja noch nie vom Schöckl weggeflogen. Die Flugplanung folgt im Grunde dem ersten Schenkel
der richtig großen FAI-Dreiecke vom Schöckl aus – trotzdem war es für mich wichtig, den Kurs genau zu planen und zu verinnerlichen.
Die Planung ist bei mir wie immer groß und sehr optimistisch: Solche Ziele brauche ich – und überhaupt warum nicht »groß« denken? Passau klingt gut, liegt in Deutschland und hat eine perfekte Verbindung nach Hause ...
Die Anreise ist spannend:
In Bruck an der Mur liegt noch Hochnebel – das kann ja interessant werden, aber der Schöckl empfängt mich mit einem fetten Bummerl und meine liebsten Reisepartner und Freunde Ulli und
Tomy Hofbauer vom NOVA-Pilots-Team erwarten mich an der Talstation der Bahn. Sie geben mir die letzten Infos für den Start und fliegen den ersten Teil mit mir. DANKE für eure
Unterstützung ...
Bei der Auffahrt mit der Bahn sehen wir die lokalen Stars schon um 09:30 aufkurbeln – es scheint labil zu sein.
Ulli hat ein paar Bilder vom Video ausgeschnitten – der Abflug vom Schöckl ins berüchtigte Passailerbecken ist gleich mal spannend, gemeinsam schaffen wir die erste Hürde. Ich muß mich schwer konzentrieren nicht zu ungeduldig zu werden. Das Rennpferd in mir geht manchmal durch mit mir ...
Abschnitt 1 bis zur Meßnerin:
Mit super super low safe bei Kapfenberg – am letzten Abdrücker keine 100 m über der Landewiese. An einem Steinbruch konnte ich mich wie ein Modellflieger ausgraben und wieder in meine geplante Route einschwenken. Der Tag entwickelte sich dann aber immer besser und besser. Die Basis weiter nördlich ließ auf eine mögliche Querung beim Hochschwab hoffen.
Mein Tiefpunkt:
Abschnitt 2: Die spannende Querung am Hochschwab vorbei.
Das Bummerl vorne habe ich noch mitgenommen – meine Verzögerung durch den Tiefpunkt vorher hat die Basis
etwas höher werden lassen – am Ende war es einfach aber trotzdem beeindruckend dieses Hochplateau mit meinem MENTOR zu überfliegen. Mitn Segelflieger bin ich dieses Plateau im Südwind des
öfteren recht nieder abgeflogen – undenkbar mit einem Gleitschirm!
This is the end:
Es war eigentlich von Anfang an offensichtlich – das blaue Loch ist riesig und es schaut recht stabil aus. Ich, als ewiger Optimist, konnte das natürlich nicht glauben und bin einfach ins Blaue geflogen. Mit nahezu keinem Pieps am Vario gings bis zur Landung bei Neuhofen an der Ybbs.
Alles easy:
Es war still am Boden – fast kein Wind. Da stand ich da und war: ÜBERGLÜCKLICH :-). Einen Teiltraum hatte ich mir erfüllt, ich hatte es geschafft, die große Weite rund um
die Donau zu sehen und gleichzeitig einzutauchen in Erinnerungen zu meiner Ausbildung zum Grafiker in Pöchlarn, meiner HTL-Zeit in Graz und zum ersten Flachlandausflug mit dem DUO
Discus. Ein wirklich wertvoller Flug für mich, Punktemäßig ganz ganz hinten auf Seite 3 oder 4 der Wertung, freudemäßig ganz ganz vorn auf meiner eigenen Skala.
Das zweite Auto schon nimmt mich mit: Ein Alfa Romeo Cabrio, der nette Fahrer meinte »Ob es mir eh nicht zu windig wäre im Cabrio«, ich verneinte und erzählte vom Gleitschirmfliegen im
Wind – weiter gehts im Zug mit lokalem Wieselburger Bier direkt nach Stainach zum Ausgangspunkt meiner Reise.
Ich werde es wieder tun:
Es gibt neue Pläne mit vielen anderen Routen und ich bin mir ganz sicher: Ich werde die Donau sehen – von oben – mit meinem Gleitschirm!
Wie immer: fly for fun – the rest will come
Werner